14.08.2015
Peter Vogelsanger, Zurigo
Dieses Webportal ist ein Ausdruck von Versagen, Hilflosigkeit und schlechtem Gewissen ---- Die Aufgabe der Bundesverwaltung besteht darin, unser Gemeinwesen zu organisieren — so sehe ich das. Das Mittel zur Organisation einer grossen anonymen Gesellschaft (im Gegensatz zu einer Gruppe von Jägern und Sammlern) ist seit Hammurapi das Schaffen von verbindlichen Regeln, also von Gesetzten und Verordnungen. Der gesetzgeberische Prozess im Bereich Umweltschutz, und besonders im Bereich Klimaschutz, funktioniert nicht ausreichend gut. Nun verschwendet die Bundesverwaltung ihre Zeit damit, von diesem schwer wiegenden Manko abzulenken. Anhand von einzelnen Beispielen soll wohl der falsche Eindruck erweckt werden, mit Freiwilligkeit würden wir die Umwelt ausreichend schützen. Gleichzeitig werden wir mit gut gemeinten aber untauglichen Tipps und Appellen zugedeckt. Was soll das? Diejenigen (die Bundesräte und die Verwaltung), die das, wofür sie bezahlt sind (das Schaffen von verbindlichen Regeln), nicht auf die Reihe bringen, weisen nun mit diesem Portal und mit teuren PR-Kampagnen (z. B. "Im Urlaub, Abschalten!", energieschweiz) uns kleinen Bürgern und Konsumenten die Schuld an ihrem Versagen zu. Mit freiwilliger Verhaltensänderung sollen die grössten Probleme unserer Zeit gelöst werden, macht es den Anschein. Das geht bis hin zur Empfehlung, den Heizungsraum periodisch zu fegen. Angeblich soll damit die Umwelt geschützt werden. Nein meine Damen und Herren Bundesräte, nein liebe Mitglieder der Verwaltung: Nicht wir, die kleinen Konsumenten, sind Schuld an der Umweltzerstörung. Sie sind daran Schuld, die Sie es verpassen, die nötigen Gesetze zu erlassen, welche uns Konsumenten, und allen anderen, die Zerstörung der Umwelt verbieten würden — verbieten müssten. Es kommt nicht von ungefähr, dass es in den "redaktionellen Grundsätzen" für Beiträge zum Portal heisst, "Verlautbarungen einzelner Akteure im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren oder anderen politischen Prozessen wie Abstimmungskämpfen" würden nicht publiziert. Selbstbeweihräuchernde Propaganda (wie das Magazin Energaia) und nutzlose Konsumtips gibt es schon zu viele. Was fehlt sind Verbote und verbindliche Gebote. Und es braucht wirksame Lenkungsabgaben zur Reduktion des CO2-Austosses. Packen Sie es an, statt die Schuld für Ihr Versagen und Unvermögen uns zuzuschieben, wenn wir umweltschädlich konsumieren, weil es nicht verboten ist! Wenn die Bundesverwaltung der Meinung ist — gegebenenfalls zu Recht — manche Akteure im Staat seien bezüglich der Notwendigkeit von neuen und besseren Gesetzten zum Schutz der Umwelt, unterinformiert, dann informieren Sie bitte gezielt, wirksam und zuerst die Parlamentarier. Es ist jedoch nichts gegen die Information auch der breiteren Bevölkerung einzuwenden, sofern sie zum Ziel hat, die Notwendigkeit von verstärkter Umweltschutzgesetzgebung begreiflich zu machen. Gerade hat das OcCC diesbezüglich eine deutliche Empfehlung gemacht. Es analysierte korrekt und folgerte: "Eine erfolgreiche nationale Klimapolitik lässt sich in einer direkten Demokratie [deshalb] nur umsetzen, wenn die Mehrheit der Bevölkerung von den Gefahren des «weiter wie bisher» und den «Chancen des Neuen» überzeugt werden kann. [...] Hier muss künftig verstärkt angesetzt werden." (http://proclimweb.scnat.ch/portal/ressources/3562.pdf) Was ist die Haltung des Bundesrats und der Bundesverwaltung zu diesem Ratschlag des Beratungsorgans im Bereich Klimawandel? Das OcCC ist nicht der Meinung, dass wir auf der Basis von Freiwilligkeit die notwendigen Ziele erreichen. Es hat dem Bund keinerlei Empfehlung für einen freiwilligen Wandel des Konsumverhaltens durch Appelle gemacht. Es hat nicht die Schaffung dieses Webportals empfohlen — mit gutem Grund.