Der Klimawandel ist der derzeit sichtbarste Ausdruck einer Übernutzung der Natur. Er gefährdet die Fähigkeit der Natur, die Temperatur des Planeten im Gleichgewicht zu halten. Die Natur hat während Millionen Jahren der Atmosphäre Kohlendioxid entzogen und es in Form von Kohle, Öl und Erdgas im Boden gespeichert. Die darauffolgende Abkühlung der Atmosphäre hat das lebensfreundliche Klima, in dem wir heute leben, erst möglich gemacht. Der Mensch hat innerhalb von wenigen Jahrzehnten diesen Prozess umgedreht. Der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre ist von etwa 280 ppm (Abkürzung von englisch parts per million, Teile einer Million) auf 385 ppm angestiegen. Diese Entwicklung muss drastisch gebremst werden, wenn die Menschheit nicht mit unkontrollierbaren Folgen konfrontiert sein will.
Bei der Biodiversität ist die Leistungsfähigkeit der Natur bereits überschritten. Das Aussterben von Arten gehört zum Lauf der Natur. Aber seit dem Eingriff der Menschheit hat sich die Rate, mit der Arten aussterben, drastisch erhöht. Die Forschenden um das Stockholm Resilience Center stellen die Gegenwart bereits in eine Reihe mit den fünf Phasen katastrophalen Artensterbens – die bekannteste dieser Phasen ist das plötzliche Aussterben der Dinosaurier im Tertiär. Laut der Internationalen Naturschutzunion in Gland VD, der Herausgeberin der Roten Listen, sind 41 Prozent aller Amphibienarten, 33 Prozent aller Korallenarten und 25 Prozent aller Säugetiere vom Aussterben bedroht. Die Menschheit lebt auf Kosten der anderen Lebewesen dieses Planeten.
Auch beim Stickstoff ist die Natur übernutzt. Stickstoff macht zwar 78 Prozent der Atmosphäre aus, wird aber erst seit rund einem Jahrhundert intensiv als Düngemittel genutzt. Die Natur kommt mit dem Abbau nicht nach, zeigen die Forscher um das Stockholm Resilience Center. Biologisch aktiver Stickstoff gelangt in grossen Mengen in die Luft, die Böden, die Oberflächengewässer sowie ins Grundwasser. Er beeinträchtigt die menschliche Gesundheit, das Klima, die Biodiversität, den Wald und das Trinkwasser. Das Düngemittel Stickstoff beginnt die Natur zu ersticken. Ähnliches gilt beim Phosphor. Was als Mittel begann, um die Erde fruchtbarer zu machen, könnte die Welt eines Tages unfruchtbar machen.
Der Verbrauch von Land und Frischwasser nähert sich den Grenzen der Belastbarkeit. In beiden Fällen sehen die Forschenden um das Stockholm Resilience Center noch Spielraum. Das gleiche gilt für die Versauerung der Meere. Doch dieser Spielraum dürfte in den nächsten Jahrzehnten enger werden, um eine wachsende Menschheit zu ernähren.
Die Natur kennt keine Landesgrenzen. Es ist wichtig, die Umwelt im eigenen Land zu schützen und hier sparsam mit den natürlichen Ressourcen umzugehen. Dabei muss aber auch beachtet werden, dass viele Folgen unseres Tuns im Ausland anfallen – und die Schweiz auch davon abhängt, wie andere Länder mit den knappen Ressourcen umgehen. Die Schweiz muss sich daher auch international engagieren, damit der Natur nicht noch mehr unwiderruflicher Schaden zugefügt wird.